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1. Bayern Münchens Zelte für Eintracht-Fans und die Debatte um Sicherheit in den Stadien
Von: Daniel Raecke
Datum: 12. November 2012, 07:30 Uhr
Format: Artikel
Diskussion:
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Bayern Münchens Zelte für Eintracht-Fans und die Debatte um Sicherheit in den Stadien

Bayern
Ein Polizist vor den ominösen Zelten für Eintracht-Fans

Was haben Zelte in München mit Wunderkerzen in Lübeck gemeinsam? Und was sagt Fredi Bobic dazu? Inzwischen debattiert man nicht nur über Fans, sondern auch über Sicherheitsmaßnahmen. Immerhin. Aus aktuellem Anlass versucht sportal.de, zwei verschiedene Strategien herauszuarbeiten.

Fans, Regelverletzungen und die Reaktion von Verbänden, Vereinen, Polizei und Politik auf diese beschäftigt uns und viele deutsche Medien seit vielen Monaten intensiv. Erst vor drei Wochen hatten wir darüber berichtet, wie mehrere Bundesligaclubs von der zuvor propagierten und im Konzept "Sicheres Stadionerlebnis" kulminierenden "harten Linie" abgewichen waren und eine kooperativere Herangehensweise gefordert hatten.

Aber es vergeht momentan keine Woche, in der es nicht neue Aufregung gibt, vor einigen Tagen etwa in Kopenhagen, wo Anhänger des VfB Stuttgart durch das Abschießen von Leuchtraketen auf das Spielfeld einen Abbruch des Europa League-Spiels beim FC Kopenhagen riskierten (oder provozieren wollten). Ein zweifellos idiotisches Verhalten, das nichts mit der auch von uns zumindest offen begleiteten Kampagne für die begrenzte Legalisierung von Pyrotechnik zu tun hat - denn, wie für die meisten Fans klar ist, muss das Werfen von Gegenständen oder gar Bengalos auf den Rasen ein absolutes Tabu sein.

VfB-Sportdirektor Fredi Bobic jedenfalls hatte sich im Anschluss mit markigen Worten zitieren lassen: "Man muss sie gnadenlos bekämpfen und aus dem Verkehr ziehen", so Bobic, der das noch mit der Formulierung "man muss sie wegsperren" präzisierte. Auch, wenn er damit nach eigenen Worten nur "20 bis 30 Idioten" meinte, sind daran zwei Aspekte interessant.

Fredi Bobic: Ein besonnener Populist?

Erstens sind Bobics Äußerungen, die er teilweise erst am Tag nach dem Spiel tätigte, die also nicht aus der reinen Erregung des Abends erklärbar sind, ein gutes Beispiel für den wohlfeilen Populismus, dessen sich viele Protagonisten der laufenden Debatten aufseiten der Vereine bedienen. Dass der Sportdirektor ein konsequentes Vorgehen wünscht, ist ja nur logisch und entspricht seinen Interessen und denen des Vereins. Die Zuspitzung "Wegsperren" suggeriert jedoch eine drastische Reaktion, die (von Bobic ohnehin, aber auch von den staatlichen Stellen) so gar nicht eingelöst werden kann.

Damit jemand für das Abschießen von Feuerwerkskörpern, ohne die gezielte Absicht, jemanden zu verletzen, eine nicht zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe erhalten kann, müsste sich schon einiges ändern in unserer Rechtsordnung. Mag sein, dass viele Bürger genau das herbeisehnen. Realistisch ist es dennoch nicht, also fragt sich, warum man es dann trotzdem fordert.

Noch interessanter ist aber ein anderer Aspekt von Bobics Aussagen. Der Sportdirektor sprach sich nämlich im gleichen Zusammenhang auch gegen eine große Ausweitung von präventiven Sicherheitsmaßnahmen aus: "Wenn es soweit kommt wie am Flughafen, dass wir durch Schleusen laufen müssen, dann hat der Fußball verloren". Noch am gleichen Abend, an dem Bobic das warnend gesagt hatte, sprachen sich die Fanbeauftragten von Eintracht Frankfurt gegen die vom FC Bayern in München geplanten Sicherheitsmaßnahmen beim Bundesligaspiel am Folgetag aus.

"Ausziehen, ausziehen"

Tatsächlich planten die Münchner gemeinsam mit der Polizei die Aufstellung von Zelten vor dem Stadion, in denen Frankfurter Fans möglichen "Ganzkörperkontrollen" unterzogen werden sollten. Viele Anhänger der Eintracht und auch die Fanbeauftragten des Clubs boykottierten daraufhin den Stadionbesuch. Nach Angaben des Bayern-Pressesprechers Markus Hörwick führte der FC Bayern dann etwa 30 bis 40 "gründliche Kontrollen" durch.

Wo Fredi Bobic also Verhältnisse "wie am Flughafen" ablehnte, war man in München schon viel weiter. Denn fast vollständig ausziehen müssen sich Fluggäste ja in der Regel nicht. Auch gelten die Sicherheitsbestimmungen am Flughafen grundsätzlich allen Reisenden, während offensichtlich beim FC Bayern recht willkürlich einzelne Anhänger herausgegriffen wurden. Ein Familienvater um die 40, nicht ganz sportlicher Typ, kam jedenfalls nahezu komplett ohne jede Kontrolle in den Auswärtsblock, wie er uns erzählte.

Da ohnehin nicht einmal ein Prozent aller Eintracht-Fans der entwürdigenden Prozedur unterzogen wurden, wird zunächst einmal schon klar, dass die Zelte nicht dazu dienen, tatsächlich verbotene Materialien daran zu hindern, ins Stadion zu gelangen. Denn so blöd sind Ultras auch nicht, dass sie die Bengalos den Leuten zustecken, die am meisten so aussehen wie Hardcorefans. Worum es wohl eher geht, ist, ein deutliches Zeichen zu setzen, dass es jeden Auswärtsfan treffen könnte, was dann nach dem vom Philosophen Michel Foucault beschriebenen "panoptischen Prinzip" dazu führen könnte, dass jeder sich so verhält, als werde er durchsucht und die Disziplinierung praktisch an sich selbst vollzieht.

So weit die Theorie. In der Praxis hat der FC Bayern es nun geschafft, die Fans eines großen Vereins ziemlich geschlossen gegen sich aufzubringen, bis hinein in den Vorstand der Eintracht, dessen ohnehin für die Belange der eigenen Anhänger offenes Mitglied Axel Hellmann sich dem Protest seiner Fanbeauftragten anschloss.

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