Die U21-Auswahl blieb in der Qualifikation für die EM in Israel ungeschlagen. Trainer Rainer Adrion spricht vor dem Auftakt gegen die Niederlande über die Erwartungshaltung, die politische Lage in Israel und den Ausfall einiger Leistungsträger, die mit dem A-Team in die USA fuhren.
Herr Adrion, wird die EM in Israel Ihr bisheriges Highlight als Trainer?
Rainer Adrion: "Ich würde schon sagen, dass das Turnier auch für mich etwas Besonderes wird. Wir haben in der Qualifikation sehr gut gespielt, sind dort ungeschlagen geblieben, haben viel erlebt. Und jetzt kommt zum Schluss eben der Höhepunkt. Wir haben zwei Jahre auf dieses Turnier hingearbeitet und jetzt freuen wir uns, dass es endlich losgeht."
Wann würden Sie von einem guten Turnier sprechen?
Adrion: "Schwer zu sagen. Natürlich wollen wir Europameister werden, das ist unser Traum. Aber ich will das nicht an einem Tabellenplatz, einem Halbfinale oder einem Endspiel festmachen. Wir wollen Begegnungen gewinnen und attraktiven Fußball zeigen. Auch das zählt."
Fast alle Spieler nennen den Titel als großes Ziel, Sie auch. Woher kommt dieses Selbstbewusstsein?
Adrion: "Unser Kader besteht aus gestandenen Akteuren mit reichlich Erfahrung aus der Bundesliga. Diese Jungs wissen um ihre Qualitäten, und sie wollen Spiele gewinnen. Deswegen spielen wir am Ende schließlich Fußball. Außerdem: Nur acht Mannschaften haben es zur EM geschafft, nur die Elite ist durchgekommen. Das gibt automatisch Selbstbewusstsein."
Ihr Kapitän heißt Lewis Holtby. Was zeichnet ihn aus?
Adrion: "Lewis hat mit seinem Wechsel nach England noch einmal einen Schritt gemacht, er hat dort noch einmal an Persönlichkeit gewonnen. Er ist ohne Zweifel ein wichtiger Mann, ein Führungsspieler auf und neben dem Platz. Seine fußballerische Qualität ist für uns enorm wichtig, und darüber hinaus ist er wie immer sehr gut gelaunt."
Gib es denn überhaupt eine klare Hierarchie im Team?
Adrion: "Durch die jüngsten Verletzungen ist die Hierarchie leider automatisch etwas flacher geworden, da etablierte Spieler wie Sebastian Jung oder Jan Kirchhoff ausfallen. Dennoch würde ich sagen, dass sich im Laufe der Qualifikation einige Leistungsträger gezeigt haben. Und das macht sich auch auf dem Platz bemerkbar."
Wie schwer wiegen die angesprochenen Verletzungen?
Adrion: "Es gibt leider Umstellungen zu machen. Aber ich sehe das auch als Chance für die anderen Spieler. Ich hätte nichts dagegen, wenn sich einer der Jüngeren plötzlich in den Vordergrund spielen würde."
Gleich zum Auftakt geht es gegen die Niederlande...
Adrion: "Diese Begegnung ist natürlich von großer Bedeutung für uns, es wird direkt ernst. Aber auch Spanien und Russland sind nicht zu unterschätzen. Die Mannschaft muss funktionieren und das im Training Geübte auf dem Platz umsetzen. Das weiß man alles jetzt noch nicht und wird man erst auf dem Rasen sehen. Daher ist natürlich eine Anspannung vorhanden."
Warum sind Spieler wie Julian Draxler, Toni Kroos oder Ilkay Gündogan nicht dabei?
Adrion: "Das war eine gemeinsame Entscheidung mit Joachim Löw. Auch Mario Götze oder Marc-Andre ter Stegen hätten ja noch für uns spielen können. Aber wir haben gemeinsam beschlossen, dass diese Spieler mit der A-Mannschaft die USA-Reise mitmachen. Das war eine konzeptionelle Entscheidung."
Machen Sie sich Sorgen wegen der politischen Lage in Israel?
Adrion: "Natürlich registriere ich das, wir leben ja nicht hinter dem Mond. Als wir im März dort gespielt haben, war es noch relativ ruhig und wir haben nicht viel gemerkt. Jetzt gibt es die Situation mit Syrien. Ich hoffe, dass die Politiker die richtigen Entscheidungen treffen."
Wie geht es mit Ihnen nach der EM weiter?
Adrion: "Mein Vertrag ist um ein Jahr verlängert worden, ab August übernehme ich also die bisherigen U20-Männer von Frank Wormuth. Mit der Mannschaft gehe ich dann in die nächste EM-Qualifikation. Hoffentlich ähnlich erfolgreich wie jetzt."