Timo Boll unterlag im entscheidenden Einzel mit 1:3
Die deutschen Tischtennis-Männer sind in Lissabon überraschend vom europäischen Thron gestürzt. Im EM-Finale unterlagen die Seriensieger um Timo Boll gegen Gastgeber Portugal 1:3 und müssen sich nach sechsmal Gold in Folge mit Silber zufriedengeben. Vor mehr als 2000 lautstarken Fans gab sich sogar Rekordchampion Boll eine Blöße und kassierte die erste Niederlage bei Europameisterschaften seit neun Jahren.
Immerhin hatten zuvor die deutschen Tischtennis-Damen für einen versöhnlichen EM-Abschluss gesorgt. Das Team von Bundestrainerin Jie Schöpp verteidigte seinen Titel gegen Österreich (3:0) erfolgreich.
Portugal nutzt Heimvorteil
"Portugal hat sehr gut gespielt. Alle drei haben heute fast über ihrem Limit gespielt und daher haben sie verdient gewonnen", sagte Bundestrainer Jörg Roßkopf.Dass es diesmal nicht zum Gold-Double wie im vergangenen Jahr in Schwechat reichte, lag an den starken Portugiesen, die sich vor der beeindruckenden Kulisse teilweise in einen Tischtennis-Rausch spielten. Zwar ließ Boll die Zuschauer bei seinem Sieg über Joao Monteiro (3:0) vorübergehend verstummen, doch fehlte dem ersatzgeschwächten DTTB-Team letztlich ein gutes Stück zur neuen europäischen Bestmarke von sieben Goldmedaillen nacheinander.
Nach neun Siegen in Serie in Lissabon unterlag Boll dem Weltranglistenzwölften Marcos Freitas 1:3. Auch Steffen Mengel war beim 0:3 gegen den Ex-Düsseldorfer chancenlos. Dimitrij Ovtcharov, Einzel-Europameister und Nummer fünf der Weltrangliste, war wenige Tage nach seiner Zahn-OP noch nicht in der Lage, gegen den Saarbrücker Bundesligaspieler Tiago Apolonia (1:3) seine Bestleistung abzurufen. "Ich war ja nicht einmal ein halber Spieler", sagte Ovtcharov: "Das tut schon weh, aber man lernt aus Niederlagen oft mehr."
So kassierte die Auswahl des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB), die in der Vorrunde Portugal noch 3:1 bezwungen hatte, nach insgesamt 37 Siegen bei kontinentalen Mannschaftsmeisterschaften ihre erste Niederlage. Eine Niederlage, die den Vize-Weltmeister "nicht zurückwerfen wird", wie zumindest Sportdirektor Dirk Schimmelpfennig erklärte: "Jede Serie reißt irgendwann. So etwas kann man auch für sich nutzen."
Keine guten Vorzeichen für das deutsche Team
Zumal die Umstände in Lissabon äußerst widrig waren. Zuerst sagte Patrick Baum nach einer Familientragödie seinen Start ab, dann verzögerte sich Ovtcharovs Anreise. Zu allem Überfluss verletzte sich Patrick Franziska am Sprunggelenk und fällt wochenlang aus. Bundestrainer Jörg Roßkopf hatte daher bereits zu Beginn des Turniers die Erwartungen gedämpft: "Wir machen uns nicht so viele Gedanken um diese EM, uns geht es eher um Olympia 2016 und die kommende WM." Dort wollen Boll und Co. einen weiteren Angriff auf die alles dominierenden Chinesen wagen.Keine personellen Probleme hatten die deutschen Damen, die sich ihren insgesamt sechsten Titel überlegen sicherten. Das Endspiel gegen Österreich war jedoch knapper, als es das Resultat aussagt. Sowohl Han Ying, als auch Shan Xiaona lagen in ihren Matches bereits mit 0:2-Sätzen in Rückstand, ehe sie aufdrehten. Petrissa Solja hatte schließlich keine Mühe, den entscheidenden Punkt zu holen.
"Natürlich habe auch ich auf der Bank gezittert", sagte Trainerin Schöpp erleichtert: "Aber ich wusste, dass wir die bessere Mannschaft sind. Wir haben damit gerechnet, dass nicht immer alles glatt läuft und waren daher auf diese Situation vorbereitet."
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