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Schalkes Mathias Schober im Interview: 'Giefer macht Fährmann stärker'

Zu den Kommentaren   |   Quelle: sportal.de
27. Mai 2014, 17:08 Uhr
Mathias Schober
Mathias Schober glaubt an einen gesunden Konkurrenzkampf ums Schalker Tor

Schalkes Nachwuchs gehört zur deutschen Elite - und einer der Verantwortlichen ist ein Urgestein: Mathias Schober. Der ehemalige Bundesliga-Torwart ist als sportlicher Leiter direkt dem Nachwuchsdirektor Oliver Ruhnert unterstellt und besuchte gemeinsam mit der U 13 im Rahmen der "Football for Friendship"-Initiative das Champions-League-Finale in Lissabon. Schober über Freundschaft, falschen Skrupel und Fährmanns beschwerlichen Weg.

Frage: Herr Schober, Sie waren mit Schalkes U 13 im Rahmen der "Football for Friendship"-Initiative beim Champions-League-Finale in Lissabon eingeladen. Aus der Sicht eines sportlichen Leiters im Nachwuchsbereich: Ist es immer förderlich, wenn Talente in einem so jungen Alter solche Highlights erleben?

Mathias Schober: Ich hätte es mir als Nachwuchsspieler gewünscht, an so etwas teilzunehmen, ich verbrachte meine komplette Jugend in Marl und bin erst später zur B-Jugend nach Schalke gewechselt. Aber zu der Zeit war selbst bei einem Bundesligisten an solche Events nicht zu denken. Daher ist es etwas Besonderes für unsere Jungs - was wiederum nicht immer nur positive Aspekte mit sich bringt. Die U 13 hat ja schon das VW Junior Masters in Wolfsburg gewonnen und war beim Weltfinale in Rom, jetzt Lissabon, dann noch ein Turnier in Paris. Da muss man den Jungs vor Augen halten, dass so etwas nicht alltäglich ist. Ich glaube, dass wir es hinbekommen und die Jungs das gut einschätzen können. Wenn wir für das nächste Trainingslager wieder in eine Jugendherberge gehen, sind sie so geerdet, dass sie sich nicht über zu harte Matratzen beschweren.

Frage: Wie hilft dabei die "Football for Friendship"-Initiative?

Schober: Das gesamte Wochenende in Lissabon stand unter dem Motto von Freundschaft und der Zusammenführung unterschiedlicher Kulturen. Die Mannschaften aus allen Teilen Europas wie Chelsea, Lazio und Galatasaray waren in einem Hotel untergebracht, so dass die Jungs versuchen konnten, sich mit Englisch oder zumindest mit Händen und Füßen zu verständigen. Das erweitert den Horizont und das man das verbinden konnte mit dem Besuch des Champions-League-Finals, ist eine besonders feine Sache.

Frage: Wie leistungsorientiert betreibt Schalke die jüngsten Jahrgänge wie die U 13?

Schober: Wir legen im Nachwuchs Wert auf eine gute Ausbildung, aber der Leistungsaspekt steht mit im Vordergrund. Das muss auch so sein. Es wird immer schwieriger, im B- und A-Jugendalter Spieler zu finden, da sie meist vertraglich gebunden sind. Daher verschiebt sich die Suche immer weiter nach unten. Es wird immer wichtiger, in den ganz jungen Jahren hinzuschauen und ein Scouting-Netz aufzubauen, um die Spieler sehr früh zu entdecken und zu überzeugen. Das machen wir ganz ordentlich. Die Spieler, die wir sichten und für gut befinden, bekommen wir zu einem Großteil.

Frage: Gibt es Skrupel, wenn Sie ein Talent von seinem Heimatklub weglocken?

Schober: Nein, eher im Gegenteil. Die Heimatklubs in der Umgebung sind häufig froh, wenn sie einen Spieler so weit gebracht haben, dass sie ihn zu einem Verein wie Schalke 04 abgeben können. Und wir sind darauf aus, einen Spieler nicht nur wegzulocken, sondern ihn zu überzeugen. Wir haben im Ruhgebiet große Konkurrenz, Schwarz-Gelb, Bochum, Duisburg, dazu noch Leverkusen, Köln oder Mönchengladbach aus der nicht so entfernten Umgebung. Da helfen einem nur gute Argumente - und da sind wir sehr gut aufgestellt. Wir bemühen uns um den persönlichen Kontakt, fahren zu den Eltern und erklären unsere Philosophie. Wir sind stolz, wie viele von unseren Talenten es in den Profibereich schafften, entweder bei uns oder bei einem anderen Verein in der Bundesliga oder 2. Liga.

Frage: Wie sehen Sie Ihre Rolle zukünftig? Weiter im Bereich Management?

Schober: Definitiv. Ich habe das Sportmanagement-Studium an der IST in Düsseldorf absolviert und dabei wurde ich bestätigt, worin meine Stärken liegen. Entsprechend bin ich froh, dass ich den Einstieg bei einem so großen Verein finden konnte. Erstmal war ich für den Bereich U 9 bis U 15 zuständig, mitteleweile bin ich der Sportliche Leiter der Knappenschmiede, unserem Nachwuchsleistungszentrum, und damit für die sportlichen Belange mitverantwortlich. Gemeinsam mit Direktor Oliver Ruhnert stellen wir die Trainerteams zusammen, scouten die Spieler selbst oder bündeln die Berichte und definieren die Trainingsinhalte.

Frage: Sie waren als Spieler selbst ein Produkt der erfolgreichen Schalker Torwartschule mit Ihnen, Manuel Neuer, Ralf Fährmann oder Christofer Heimeroth. Wächst aktuell im Nachwuchsbereich ein zukünftiger Bundesliga-Keeper heran?

Schober: Einen hervorzuheben kann und möchte ich gar nicht, weil wir im gesamten Nachwuchsbereich über sehr, sehr gute Torhüter verfügen. Wir sind auf der Position exzellent aufgestellt und da kommt einiges nach. Wir werden im Tor keine Probleme in der Zukunft haben.

Frage: Nach etlichen Krisen gelang es Eigengewächs Fährmann, sich in dieser Bundesliga-Saison als Nummer eins zu behaupten. Was war der Schlüssel für seinen Durchbruch auf Schalke?

Schober: Mich freut es sehr! Ich kenne ihn seit 2007, als ich von Rostock nach Schalke zurückkam und Ralle dritter Torwart war hinter Manu und mir. Wahrscheinlich hat er sehr viel vom mir gelernt, deswegen gelang ihm jetzt der Durchbruch. (lacht) Nein, er hat eine klasse Entwicklung hinter sich und sich durch alle Täler und Verletzungen gekämpft. Das Problem war lange, dass er im Training seine Qualitäten immer wieder bewies, der es jedoch im Spiel nicht so umsetzen konnte. Jetzt ist ihm das gelungen und er geht nach den Negativerlebnissen gestärkt hervor. Ich hoffe, dass er seine tollen Leistungen in der kommenden Saison bestätigt.

Frage: In den vergangenen Jahren sah es nicht nach einem Happy End aus. Selbst in der U 23 war Fährmann nicht unumstritten.

Schober: Ich bin parallel Torwarttrainer der U 23 und es stimmt, Ralle hatte hier und da noch Fehler dabei. Aber das gehörte dazu. Was ihm am meisten fehlte, war Spielpraxis und Rhythmus. Und bei dieser Findungsphase unterlaufen einem Torwart immer Fehler. Wären diese bei den Profis passiert, wäre es schlimmer gewesen, daher war der Weg über die U 23 genau der richtige.

Frage: Die Nominierung von Ron-Robert Zieler als dritter Torwart für die WM sorgte bei einigen für Unverständnis. Hätte Fährmann berücksichtigt werden müssen nach der Rückrunde?

Schober: Ich wünschte es mir natürlich. Andererseits glaube ich, dass es Ralle selbst richtig einordnen kann und nicht enttäuscht ist. Er weiß selbst, dass er noch keine komplette Saison durchgespielt hat.

Frage: Schalkes Sport-Vorstand Horst Heldt verpflichtete nun Fabian Giefer als zweiten Torwart neben Fährmann. Kann die neue Konkurrenzsituation nicht hemmend sein für Fährmann?

Schober: Vorweg: Fabian ist ein guter Mann und Horst Heldt hat absolut alles richtig gemacht. Wenn ein junger deutscher Torwart mit Qualität günstig geholt werden kann, muss man das machen. Jetzt sind wir auf der Position gut aufgestellt.

Frage: Doch was ist mit dem Innenleben der beiden?

Schober: Es ist richtig, dass besonders bei den Torhütern ein vernünftiges Verhältnis gepflegt werden muss. Man ist im Trainingsbetrieb so oft von der restlichen Mannschaft getrennt und arbeitet nur unter sich, so dass man sich verstehen sollte. Man muss keine Freunde sein, wenn man sich allerdings nicht grün ist, wirkt sich das auf die Leistung negativ aus. Wenn allerdings eine gute Basis gefunden wird, profitieren alle davon. Gesunder Konkurrenzkampf hilft, um sich gegenseitig zu pushen. Daher wird Fabian Ralle noch besser machen. Ich habe es selbst auch erlebt: Sei es ganz am Anfang mit Oliver Reck oder Jens Lehmann, dann später mit Manu nach meiner Rückkehr. Oder andersherum, als ich in Rostock die Nummer eins war und die Ersatzleute an der Seite hatte.

Frage: Eine der kleinen, aber feinen Geschichten im deutschen Fußball schreibt Lars Unnerstall. Fast alle sagten in der Jugend, dass er emsig sei, das Talent für den Profibereich trotzdem fehlen würde. Auf Schalke gelang ihm sogar der Sprung von der U 23 zum Bundesliga-Torwart, nun wurde er nach einer Zwischenstation in Aarau von Düsseldorf verpflichtet.

Schober: Wenn es Jungs, mit denen ich zusammengearbeitet habe, in den Profibereich schaffen, egal ob in der Bundesliga, im Ausland oder jetzt in der 2. Liga, freue ich mich unglaublich. Bei Lars vielleicht sogar ein Stück mehr. Er hat in den letzten Jahren sehr hart an sich gearbeitet und man sieht bei ihm, was man mit Training alles erreichen kann. Lars blieb immer positiv, grübelte nicht zu viel, gab im Training Vollgas und steckte nicht auf. Jetzt wird er dafür belohnt.

Interview: Haruka Gruber