
Geht es nach Ex-DFB-Präsident und FIFA-Funktionär Theo Zwanziger, ist die Vergabe der WM 2022 an Katar noch immer nicht geklärt. Vor allem ethische Gründe sprechen seiner Ansicht nach gegen eine Vergabe - könnten Stimmen annulliert werden?
Nasser Fahad Al-Khater, Kommunikations- und Marketingdirektor des Organisationskomitees für die WM 2022, hatte bereits Anfang Mai erklärt, bei der Vergabe der Weltmeisterschaft nichts falsch gemacht und keine Regeln gebrochen zu haben. Dennoch betonte Zwanziger in der Sport Bild: "Die Vergabe der WM nach Katar ist unter ethischen Aspekten für mich noch nicht geklärt.
Zwanziger: "Langjährige Freundschaft kann in Kumpanei ausarten"
Der 67-Jährige erläuterte: "Unter Heranziehung des Ethik-Reglements von 2009, das Korruption und Interessenkonflikte untersagt, muss von der Ethik-Kommission geprüft werden, ob die Stimmen für Katar unter sachgerechten Gesichtspunkten abgegeben wurden oder nicht." Sollte das nicht der Fall sein, "müssen sie meines Erachtens annulliert werden".
Außerdem forderte Zwanziger erneut die Einführung einer Amtszeitbeschränkung für den FIFA-Präsidenten und die Mitglieder des Exekutivkomitees: "Langjährige Freundschaft, die im Sport ja durchaus einen wichtigen Wert darstellt, kann über viele Jahre hinweg in Kumpanei ausarten. Das ist gefährlich, gerade dann, wenn es wie bei einem solch bedeutenden Verband wie der FIFA um viel Geld geht."
FIFA verschiebt Entscheidung auf 2014
Eine Amtszeitbeschränkung ist daher für den ehemaligen DFB-Präsidenten unabdingbar, eine baldige Einigung ist allerdings nicht in Sicht. Wie die FIFA am Dienstag mitteilte, gibt es zwischen den 209 Mitgliedsländern keinen Konsens, weshalb die angestrebte Reform nicht auf dem am Donnerstag beginnenden zweitägigen FIFA-Kongress auf Mauritius diskutiert wird.
Stattdessen wurde die anstehende Entscheidung über eine Amtszeitbegrenzung sowie über ein Alterslimit für FIFA-Mitglieder auf 2014 verschoben. Der FIFA-Kongress wird dann vor der Weltmeisterschaft im brasilianischen Sao Paulo stattfinden.
Zwanziger: Reformen laufen bereits
Dennoch betonte Zwanziger, dass die Reformen und Untersuchungen bereits erste Früchte tragen. "Man muss sich doch einfach nur mal anschauen, wie viele Mitglieder des Exekutivkomitees seit der umstrittenen WM-Vergabe im Jahr 2010 ausgeschieden sind. Und zwar überwiegend nicht freiwillig, sondern weil die Ethik-Kommission durch Untersuchungen Erkenntnisse gewonnen hat, aufgrund derer sich die betroffenen Personen zurückziehen mussten", erklärte der 67-Jährige.
Der "Selbstreinigungsprozess" laufe demnach bereits, "und ist möglicherweise noch nicht beendet". FIFA-Präsident Sepp Blatter habe die Kommission allerdings nichts nachweisen können: "Er hat jedenfalls nicht gegen Statuen verstoßen oder sich in anderer Weise strafbar gemacht."
Der Schweizer, der bereits in seiner vierten Amtszeit als Präsident des Weltfußballverbandes ist, denkt trotz der geplanten Reformen daran, 2015 erneut zu kandidieren. Für Zwanziger ein zweischneidiges Schwert. "Blatter ist noch immer sehr leistungsfähig, er leitet die Sitzungen konzentriert und kompetent." Aber: "Natürlich ist er schon sehr lange im Amt."
Autor: Adrian Bohrdt