Drei Festnahmen gab es beim Pokalspiel Hannover 96 gegen Dynamo Dresden. Nach Rechtsprechung des DFB heißt das ein Jahr Ausschluss aus dem Wettbewerb. Für den Club. Nicht für die Festgenommenen. Was das alles mit dem Sicherheitskonzept zu tun hat, erörtert sportal.de.
Das DFB-Sportgericht hat zwei Tage vor der geplanten Verabschiedung des neuen Sicherheitskonzepts der DFL Dynamo Dresden für die kommende Saison aus dem DFB-Pokal ausgeschlossen. Damit sanktioniert der Verband die Ausschreitungen rund um das Zweitrundenspiel Dynamos bei Hannover 96 im Oktober.
Schon in der Vorsaison war Dynamo nach Vorfällen beim Pokalspiel in Dortmund in erster Instanz ausgeschlossen, dann aber in der Berufung wieder zugelassen worden. Stattdessen musste der Club damals 100.000 Euro als Geldstrafe bezahlen und in der 2. Liga ein Geisterspiel hinnehmen. Auch diesmal hat Dynamo die Möglichkeit, gegen das harte Urteil Berufung einzulegen.
Was war in Hannover geschehen? Gästefans sollen Eingänge der AWD-Arena gestürmt und sich mit Gewalt Zugang zum Stadioninneren verschafft haben. Nach dem Abpfiff stürmten rund 200 Dresdner Anhänger den Rasen, bevor sie von der Polizei zurückgedrängt werden konnten. Nach Polizeiangaben gab es neun Verletzte und drei Festnahmen. Das sind Dimensionen, die bei aller Bestürzung in keinem vernünftigen Verhältnis zu der Härte der Sanktion zu stehen scheinen.
Zum Vergleich: Als Hunderte Fans von Rapid Wien im die österreichische Bundesliga entscheidenden Derby gegen Austria im Frühjahr einen Spielabbruch erzwangen, indem sie 30 Minuten lang auf dem Rasen randalierten, war die Konsequenz dieses massiven Eingriffs in die Vergabe des Meistertitels: Drei Geisterspiele. Ja, das ist Jurisdiktion des ÖFB und der dortigen Bundesliga, und ja, natürlich schließt man nicht den beliebtesten Club seines Einzugsgebiets aus seiner Liga aus.
Aber dennoch zeigt auch dieser Vergleich, wie drakonisch die Strafe gegen Dynamo Dresden ist. Um beurteilen zu können, wie sinnvoll das Vorgehen des DFB ist, muss man die möglichen Motive für die Sanktion erwägen.
1) Strafrechtliche Erwägungen - Bestrafung der Schuldigen
Das DFB-Sportgericht ist kein ordentliches Gericht. Insofern stellen wir die Frage nach der strafrechtlichen Dimension nicht, um die Legitimation des Urteils zu hinterfragen. Der Grundsatz, dass man nur Menschen bestrafen sollte, die ein Vergehen wirklich begangen haben, und nicht pauschal eine Gruppe von Menschen, weil dann die Schuldigen schon dabei sein werden, darf dennoch nicht außer Acht gelassen werden, wenn man den Sinn des Pokalausschlusses von Dynamo verstehen will.
Um eine möglichst präzise Bestrafung der Täter ging es offenkundig nicht, denn man trifft mit dem Pokalausschluss ja den Club und seine wirtschaftliche Existenzgrundlage auf der einen Seite und seine Zehntausenden Fans auf der anderen Seite - zu ca. neunundneunzig Prozent Unschuldige im Sinne der untersuchten Vorfälle.
2) Schutz der Öffentlichkeit
Ein zentrales Motiv etwa von Freiheitsstrafen ist der mögliche Schutz der Bevölkerung vor weiteren Taten etwa eines gefährlichen Gewaltverbrechers. Dass diese Argumentation strengen rechtsstaatlichen Grenzen unterliegt, zeigt die Rüge der deutschen Praxis der nachträglichen "Sicherungsverwahrung" von Straftätern durch den Europäischen Gerichtshof - also des Einsperrens von Menschen nach Ablauf ihrer Strafdauer, um Wiederholungstaten zu verhindern.