Vor dem Start der Eishockey-WM spricht DEB-Präsident Uwe Harnos über die verpasste Olympia-Teilnahme und die Zukunft im deutschen Eishockey. Harnos stellt sich der Kritik an seiner Person und spricht Klartext.
Herr Harnos, lassen Sie uns zu Beginn über das schwarze Wochenende von Bietigheim und die verpasste Olympia-Qualifikation sprechen. Wie haben Sie als Präsident die sportliche Katastrophe erlebt?
Uwe Harnos: Beim ersten Spiel gegen die Niederländer war ich noch nicht dabei, weil ich bei der Frauen-Qualifikation in Selb weilte. Das Italien-Spiel habe ich dann live gesehen, das war schon bitter. Es lag ja nicht am Einsatz der Mannschaft, sie hat einfach das Tor nicht getroffen, selbst das leere Tor nicht. Ich war aber danach immer noch verhalten optimistisch, weil die Stimmung in der Truppe stimmte. Leider Gottes hat es nicht gereicht. Die Höchststrafe war ja, noch die Verlängerung spielen zu müssen, um wenigstens da gegen Österreich zu gewinnen, obwohl alles schon zu spät war. Wenn wir es sachlich Revue passieren lassen, müssen wir feststellen, dass wir zum siebten Mal die Quali spielen mussten. Das ist ein Beleg dafür, dass wir in der Welt nicht nachhaltig so hoch angesiedelt sind, um uns solche Turniere zu ersparen. Und wenn wir an Turin und Mirko Lüdemanns berühmten Treffer denken, dann sieht man, welche Rolle Zufälligkeiten spielen können. Du musst hundert Prozent Leistung abrufen und benötigst dazu auch das nötige Quäntchen Glück, sonst passiert es dir ganz schnell, dass du nicht bei Olympia dabei bist. So ist der Sport.
Niederlande, Italien, Österreich. Darf es da auf Zufälligkeiten ankommen, muss Deutschland diese Gegner nicht einfach schlagen?
Harnos: Die erfolgreichen Weltmeisterschaften, vor allem 2010, aber auch 2011, haben natürlich dementsprechende Erwartungen geweckt. Jeder dachte, das wird ein Selbstläufer. Eigentlich haben wir die Olympia-Quali ja schon bei der WM 2012 in Schweden verspielt. Was dort passiert ist, war dramatisch, aber selbst wenn wir nur ein bisschen besser gewesen wären, und wäre es nur das Torverhältnis oder ein Punkt mehr gewesen, dann hätte es gereicht, um im Ranking auf Rang 9 zu bleiben und sich für Sotchi zu qualifizieren. So sind wir auf Platz 10 abgerutscht, mit der bekannten Folge. Insgesamt ist es wichtig, die Dinge richtig einzuordnen. 2010 stimmte alles. Alle NHL-Spieler standen zur Verfügung, keiner war verletzt, alle wollten die Heim-WM spielen. Top-Mannschaften wie Berlin und Mannheim sind überraschend aus den Playoffs ausgeschieden. So konnte sich die Mannschaft vor dem Turnier bestmöglich vorbereiten. Dann kam der phänomenale Start mit dem Sieg gegen die USA auf Schalke dazu. Das sollen keine Rechtfertigungen sein, das Bietigheim-Wochenende war bitter für das deutsche Eishockey, aber man muss es realistisch einschätzen.
Wie groß saß der Schock bei Ihnen persönlich?
Harnos: Es war schon heftig. So was geht an die Nerven, es zehrt an einem. Du sitzt dann nach dem Spiel da und kannst es eigentlich gar nicht fassen. Ich habe danach mit den Kollegen aus Österreich gesprochen und wir waren uns einig, dass wir die bessere Mannschaft waren. Wir haben nur die Tore nicht geschossen. 2009 bei der Quali in Hannover war es genau andersherum, da war Österreich besser und ging als Verlierer vom Eis. Es hat definitiv Spuren hinterlassen bei mir, aber wir können jetzt auch nicht den Kopf in den Sand stecken. Im Gegenteil. Wir müssen uns Gedanken machen, woran es gelegen hat und was wir besser machen können, um gar nicht erst in die Verlegenheit zu kommen, ein Quali-Turnier spielen zu müssen. Oder um im Fall der Fälle wenigstens besser darauf vorbereitet zu sein.
Die Frauen werden in Sochi immerhin dabei sein, aber durch die fehlenden Männer geht der Sportart Eishockey natürlich eine große Chance verloren, sich einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren. Wenn man die nackten Ergebnisse der letzten Jahre nimmt, kommt man auf einen Durchschnittswert von 10,5. Ist Deutschland vielleicht auch einfach nicht besser?
Harnos: Es ist die große Frage, ob das deutsche Eishockey soweit ist, wie es 2010 und 2011 den Anschein machte. Offenbar nicht. 2010 hat alles überragt. Erich Kühnhackl oder Franz Reindl meinten, es sei sogar ein größerer Erfolg gewesen als die Bronzemedaille 1976. Wenn ich ein bisschen zurückdenke und mir die Weltmeisterschaften vor Augen führe, ich bin seit 2003 dabei, dann hatten wir eine furchtbare WM 2005 mit dem sang- und klanglosen Abstieg. 2006 kam der Wiederaufstieg in Amiens. Danach war es durchwachsen und 2009 sind wir in der Schweiz wieder sportlich abgestiegen, das war auch eine sportliche Katastrophe. Wir sind nur drin geblieben, weil wir ein Jahr später als Ausrichter dran waren. Selbst bei der WM 2011 muss ich es objektiviert betrachten und sehen, dass es nach dem großartigen Sieg gegen Russland auch nicht mehr so toll war.
Und 2012 spottete dann jeder Beschreibung...
Die Vorbereitung war sehr, sehr gut, wenn man es zum Beispiel jetzt mit diesem Jahr vergleicht, aber das Team konnte es dann aus irgendwelchen Gründen nicht umsetzen. Das 4:12 gegen Norwegen war die eine Sache, aber ich glaube, dass der Knackpunkt schon das Lettland-Spiel war. Da haben wir einen 0:2-Rückstand aufgeholt, waren danach klar besser, machen aber wieder das Tor nicht. Dieser eine Punkt hätte ja schon gereicht, um Platz 9 zu halten. Auf der anderen Seite müssen wir auch ehrlicherweise sagen, dass wir gegen Dänemark etwas Glück hatten und das Spiel auch hätten verlieren können. Ich denke nicht, dass man dieses Turnier an der Person Jakob Kölliker festmachen darf. Es hat einfach nicht so gepasst, wie es passen muss, damit ein DEB-Team so gute Ergebnisse wie 2010 und 2011 erzielen kann.
Nach Bietigheim wurden Sie von vielen Seiten scharf angegriffen. Ex-Nationalspieler forderten Ihren Rücktritt. Wie gehen Sie mit dieser Kritik um?
Harnos: Dass es Unmut gibt, muss man verstehen. Dass man möglicherweise persönlich Kritik ertragen muss, ist auch hinzunehmen. Aber ich kann Ihnen eines ganz klar sagen: Ein Präsident, egal von welchem Verband, schießt keine Tore. Ich kann als Präsident keinen sportlichen Erfolg auf dem Eis herbeiführen. Dass sich gewisse Leute dann so personifiziert äußern, die es persönlich einem gegenüber nicht äußerten, habe ich zur Kenntnis genommen und daraus gelernt. 2010 hatte ich Schulterklopfer, bis der Arzt kommt, aber da war ich genauso wenig der Grund für den Erfolg. Da war ich auch nur ein kleines Rädchen in einem großen Uhrwerk, das mitgeholfen hat, eine erfolgreiche WM auszurichten. Ich muss mich bei manchen Aussagen schon wundern. Aber es ist abgehakt und für mich auch jetzt nicht mehr kommentierungswürdig. Es ist immer leicht, nach Schuldigen zu suchen, anstatt sich selbst zu hinterfragen, was man in der Vergangenheit hätte vielleicht bewirken können.
Gab es Momente, in denen Sie sich gefragt haben, warum Sie sich das noch antun?
Harnos: Diese Momente gab es schon, ja. Es macht einen nachdenklich. Aber die Flinte ins Korn zu werfen, wäre der falsche Weg. Ich bin von den Mitgliedern gewählt worden, sie haben mir ihr Vertrauen ausgesprochen. Es wäre ihnen gegenüber nicht gerechtfertigt, wenn ich hinschmeißen würde, nur weil ich es persönlich nicht mehr ertragen kann oder will. Wir sind in einer wichtigen Phase, in der wir an generellen Strukturen arbeiten, in der wir einen extremen Fokus auf die WM-Bewerbung 2017 legen, da wäre es der falsche Zeitpunkt gewesen, um aufzuhören. Das stand nie zur Debatte.
Müssen Sie im Nachhinein Fehler einräumen? Frage Nr. 1: Hätten Sie Uwe Krupp als Bundestrainer behalten sollen?
Harnos: Das war ja immer der Leitsatz derer, die die große Kritik geäußert haben. Uwe Krupp ist nicht mehr Bundestrainer, deshalb ist kein Erfolg mehr da. Nun war es aber keine alleinige Entscheidung von Uwe Harnos, dass Uwe nicht mehr als Bundestrainer weitergemacht hat. Es war eine gemeinsame Entscheidung des Präsidiums und des Direktorats, und dazu eine Entscheidung gemeinsam mit dem Kooperationspartner DEL, der eine Doppelfunktion ausgeschlossen hatte. Bei Uwe wäre es sogar eine Dreifachfunktion gewesen, Bundestrainer, Haie-Trainer und Haie-Sportdirektor. Die Frage hat sich gar nicht gestellt.
Fairerweise muss man sagen, dass nach der WM 2009 auch viele Leute den Rücktritt von Krupp forderten. Und dann kam 2010.
Harnos: Ich fand die Spiele 2009 noch schlimmer als 2012. Da waren wir ja noch schlechter. Aber wir haben uns hingesetzt und darauf gesetzt, dass Uwe der richtige Mann ist. Nach 2010 waren die Dinge dann plötzlich wieder alle rosarot, das ist bei uns in der Gesellschaft leider so, dass viele Sachen schnell vergessen werden. 2010 ist die Mannschaft von Erfolg zu Erfolg getragen worden, deshalb gab es da auch keine Reibungspunkte innerhalb des Teams. Aber Uwe hatte ohne Zweifel einen unglaublichen Anteil am Erfolg, weil er ein unglaublicher Motivator ist, vielleicht ist das eine Qualität, die Jakob Kölliker gefehlt hat.
Also war seine Verpflichtung ein Fehler?
Harnos: Wir haben uns auch da nachhaltig darum bemüht, eine richtige Entscheidung zu treffen. Ich habe es auch so empfunden, dass er die Mannschaft erreicht hat. Das haben die Ergebnisse in der Vorbereitung gezeigt. Was dann passierte ist, kann ich ihnen nicht erklären.
Ein weiterer Kritikpunkt ist die Rolle des Bundestrainers, der nebenbei auch als Sportdirektor fungiert, so wie es aktuell auch Pat Cortina macht. Warum? Und warum macht es Franz Reindl nicht mehr?
Harnos: Die Entscheidung in der Person Franz Reindl war erstens auch eine einvernehmliche. Und zweitens hat auch der Tag eines Franz Reindl nur 24 Stunden, er kann nicht gleichzeitig mehrere Jobs machen. Generell war unser Gedankengang bei der Installierung eines Bundestrainers, der in Personalunion auch Sportdirektor ist, so, dass wir mit Uwe Krupp positive Erfahrungen gemacht hatten. Bevor er überhaupt die A-Mannschaft übernahm, hat er sich als Nachwuchstrainer eingebracht und war bei den U-Turnieren dabei. Alle Jungs, die 2010 alles gegeben haben, kannte er schon. Er wusste, wie sie ticken. Das war ein Schlüssel für seinen Erfolg. Uwe hat das Nachwuchsprogramm entscheidend beeinflusst. Ein weiterer Gesichtspunkt ist, dass der Kalender mit den Maßnahmen im Senioren-Bereich für zwei, drei, maximal vier Monate gefüllt ist. Wir mussten uns auch die Frage stellen, ob wir dafür jemanden 365 Tage beschäftigen können?
Pat Cortina ist durch die verpasste Olympia-Quali auch schon wieder in eine schwierige Position gekommen. Zumal, wenn dann ein Test gegen Schweden 0:8 verloren wird und quasi schon die Rede davon ist, er trainiere die Mannschaft kaputt.
Harnos: Die Mannschaft ist einen Tag später mit dem Sieg gegen Schweden stark zurückgekommen. Das war eine wahnsinnig wichtige Reaktion. Wie er das Training steuert, sollten wir demjenigen überlassen, der am Ende seinen Kopf dafür hinhalten muss. Entscheidend ist, dass die Mannschaft ab dem 3. Mai ihre Leistung bringen kann. Wir haben uns aus guten Gründen für Pat Cortina entschieden, bei dieser Entscheidung saßen hochkarätige Fachleute am Tisch, aber am Ende ist immer der Erfolg oder Misserfolg ausschlaggebend, ob es die richtige Wahl war. Wäre nach 2009 nicht der Erfolg 2010 gekommen, hätte uns jeder für bescheuert erklärt, an Uwe Krupp festgehalten zu haben. Das kann man nicht beeinflussen. Für Pat wird die WM persönlich ganz wichtig, weil ihm die verpasste Quali natürlich auch nahe gegangen ist. Ganz wichtig ist es für die Mannschaft sicherlich, dass Marcel Goc und Christian Ehrhoff aus der NHL dazukommen.
Was erwarten Sie in Finnland von der deutschen Mannschaft?
Harnos: Diesmal will es der Spielplan so, dass wir die dicken Fische, die Finnen und Russen, gleich am Anfang bekommen. Die erste Prämisse muss lauten, mindestens Siebter in der Gruppe zu werden. Alles andere ist schwer einzuschätzen. Wenn das Team die Leistung abruft, die es abrufen kann, müsste es eine Chance haben, Österreich, Frankreich und Lettland zu schlagen. Alles andere kommt dann auch auf den Turnierverlauf an, es hängt dann oft an Nuancen. Wir vom Verband können nur die bestmöglichen Voraussetzungen schaffen. Wir haben zwei Co-Trainer dabei, einen Video-Coach - alle zusätzlichen Wünsche, die Pat hatte, wurden erfüllt. Aber er ist letztlich auch davon abhängig, ob die Jungs das umsetzen können, was er ihnen auf den Weg gibt.
Einige Spieler haben nicht verletzungsbedingt, sondern aus familiären Gründen ihre Teilnahme abgesagt. Enttäuscht?
Harnos: Es ist ganz schwierig, darauf eine richtige Antwort zu geben. Wenn man es so hört, denkt man sich, das kann es doch eigentlich nicht geben. Die WM ist schließlich der Höhepunkt im Eishockey. Aber man muss auch sehen, dass die Jungs die ganze Saison eine hohe Belastung haben, ihre Knochen hinhalten, aus dem Koffer leben und nie zuhause sind. Wenn dann familiäre Umstände dazukommen, dass die Frau zum Beispiel hochschwanger ist, muss man das auch verstehen. Aber ich werde bei Gelegenheit jeden persönlich darauf ansprechen. Wir haben nun mal die Struktur, dass viele Nationalspieler im DEL-Finale stehen. Die einen erleben ihren Höhepunkt und feiern, die anderen sind frustriert - und alle müssen sich neu motivieren für die WM. Wir sollten da nicht vorschnell kritisieren.
Sie sind bis 2014 gewählt. Ist es vorstellbar, dass Sie darüber hinaus im Amt bleiben?
Harnos: Fakt ist, dass es am 30.6. 2014 eine Mitgliederversammlung geben wird. Und in erster Linie werden dann die Mitglieder entscheiden. Wir haben noch viele offene Baustellen, die es zu lösen gilt. Wir haben innerhalb des Präsidiums eine homogene Truppe, die bis ans Äußerste der Belastungsgrenze geht - ehrenamtlich! Wir sind auf einem guten Weg mit der DEL und jetzt müssen weitere Schritte her, das deutsche Eishockey nach vorn zu bringen. Zunächst einmal hoffen wir auf den Zuschlag zur Ausrichtung der WM 2017.
Deutschland bewirbt sich gemeinsam mit Frankreich. Wie stehen die Chancen?
Harnos: Man soll nie sagen, dass man gute Chancen hat, dann klappt es eh nicht. (lacht) Vor dem Spiel gegen Österreich hatte ich ein gutes Gefühl und es ist in die Hose gegangen, davon will ich mich nicht leiten lassen. Was ich aber sagen kann, ist, dass wir unsere Hausaufgaben gemacht und ein sehr gutes Konzept haben, gemeinsam mit den Franzosen. Wir haben bis jetzt alles getan, was wir tun konnten und werden das auch noch weiter tun. Wir glauben daran, dass wir eine gute Präsentation vorlegen werden. Wir haben bisher auch noch nichts Negatives gehört. Wir haben mit Frankreich einen guten Partner, der mit Paris-Bercy auch exzellente Verhältnisse anbieten kann. Aber wir müssen uns auch bewusst machen, dass die Konkurrenz groß ist. Dänemark, das noch nie eine WM ausgetragen hat und sportlich im Aufstreben ist, bewirbt sich zum vierten Mal. Dazu machen es die Dänen ähnlich wie wir, in einer gemeinsamen Bewerbung mit den Letten. Lettland war 2006 das letzte Mal dran, wir 2010, das würde dann rein von den Zeitabständen gegen uns sprechen. Es wird sicher kein Selbstläufer.
Unabhängig vom Erfolg der Bewerbung geht es um die Zukunft des deutschen Eishockeys. Es wurde einmal eine Agenda ins Leben gerufen, in der von einer dauerhaften Etablierung in den Top 8 die Rede ist. Nach der verpassten Olympia-Quali scheint man davon wieder so unglaublich weit weg.
Harnos: Dieses Ziel dürfen wir aber nicht aus den Augen verlieren, sonst geben wir uns mit den aktuellen Verhältnissen zufrieden. Und das bedeutet Stillstand oder sogar Rückschritt. Wir haben es mit der U18 und U20 immerhin geschafft, den Fahrstuhleffekt zu stoppen und uns in gewisser Weise zu "etablieren". Es finden immer mehr Talente, wie ein Leon Draisaitl, den Weg nach Nordamerika, das sieht man. Dort verharren sie nicht in der vierten oder "fünften" Reihe, dort bekommen sie qualitativ hochwertige Eiszeit und können sich entwickeln. Da haben wir immer noch Nachholbedarf.
Aber wenn man die U18 nimmt: Es gab jetzt bei der WM eine Top-Reihe mit Leon Draisaitl, Dominik Kahun und Parker Tuomie. Danach sackte das Niveau aber merklich ab.
Harnos: Sie haben Recht. Um eine hohe qualitative Spitze zu bekommen, brauchst du eine unglaublich breite Masse. Daran müssen wir arbeiten. An vielen DEL- und 2.Liga-Standorten passiert schon einiges, das muss so weitergehen, aber wenn wir uns nur auf 24 oder 28 Standorte konzentrieren, dann reicht das nicht. Das ist doch eine ganz einfache Rechnung. Nehmen wir mal 28 Standorte, bei denen alle 200 oder 300 Kinder spielen, dann sind wir gerade mal bei bestenfalls 8000 Kids, die bei optimalen Voraussetzungen betreut werden können. Wenn wir dann noch sehen, dass sich pro Jahrgang nur ein, zwei oder drei Talente durchsetzen, dann ist das viel zu wenig. Alle Fachleute sagen, dass es das Wichtigste in der Förderung ist, ab dem frühesten Kindesalter qualifizierte Trainer zu haben. Ein Oberligist kann sich aber keinen hauptamtlichen Trainer leisten. Wir müssen an der Basis Dinge verbessern, sonst werden wir es nicht schaffen, dauerhaft unter den Top 8 der Welt zu sein.
Sie sprechen Strukturen an. Nun hatte der DEB ein Angebot an die Zweitligisten für eine Liga unter dem DEB gemacht, das mit breiter Mehrheit abgelehnt wurde. Stattdessen wollen die Zweitligisten eine DEL II. Haben Sie Verständnis dafür?
Harnos: Man wird sagen, dass ich das nicht objektiv betrachte, aber ich kann das nicht nachvollziehen. Worum geht es hier eigentlich? Wir waren schon so weit, dass die 2. Liga nach dieser Saison eine Relegation mit der DEL hätte spielen können - der erste Schritt in Bezug auf eine nachhaltige Verzahnung. Ob die dann gewonnen worden wäre und ob dann die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die DEL erfüllbar gewesen wären, ist eine andere Frage, aber wir hätten sie spielen können. Um eine Verzahnung hinzubekommen, haben wir auch Forderungen der DEL Rechnung getragen, was beispielsweise die Einflussnahme bei der Nationalmannschaft angeht. Wenn es dann heißt, der DEB hätte uns verraten, dann verstehe ich es nicht mehr. Jetzt wollen die Klubs aus der 2. Liga plötzlich das machen, was sie der DEL jahrelang vorgeworfen haben? Sie wollen einen Schlussstrich unter die 2. Liga ziehen, um die sportliche Qualifikation soll es nicht mehr gehen, es werden einfach die Standorte genommen, die einem gerade passen - und dann glaubt man, man tut etwas Positives für das deutsche Eishockey? Es tut mir leid, aber das können wir im DEB nicht mehr nachvollziehen. Aber aus welchem Grund auch immer scheint das ihr Standpunkt zu sein. Und dann schreiben sie in ihrer Erklärung, dass sie das Angebot ablehnen, aber den DEB anerkennen und einen Kooperationsvertrag schließen wollen. Das passt nicht zusammen. Wir sind auf jeden Fall der festen Überzeugung, dass es eine Durchlässigkeit braucht.
Alle Fans wünschen sich einen Auf- und Abstieg.
Harnos: Die Fans wünschen es sich und sagen: Verband, mach was! Viele Dinge sind dem Fan ja juristisch gar nicht zu erklären, weil man sie selbst als Jurist teilweise nicht versteht. Wir wollen selbstverständlich auch Auf- und Abstieg! In Teilen hätten wir diesen schon in dieser Saison haben können. Wir glauben, dass wir schon einmal auf einem guten Weg waren, bis es eine Umkehr um 180 Grad gab, die wir nicht verstehen können.
Das Interview führt Florian Regelmann