Die Endstation Sehnsucht ist erreicht, die deutsche Nationalmannschaft ist bereit wie nie: Als Bundestrainer Joachim Löw und die Mannschaft um Kapitän Philipp Lahm am späten Freitagabend in Rio de Janeiro gelandet waren, hatte sie endgültig das Endspiel-Fieber gepackt.
"Jetzt ist das Feuer zu spüren. Wir sind jetzt so weit gegangen, da wollen wir uns das nicht mehr nehmen lassen", sagte Teammanager Oliver Bierhoff vor dem großen Finale am Sonntag (21.00 Uhr MESZ) gegen Argentinien. Bierhoff klangt entschlossen.
Der Wille, die Überzeugung, den goldenen WM-Pokal nach 24 Jahren endlich wieder nach Deutschland zu holen und sich unsterblich zu machen - beides ist beinahe mit Händen zu greifen.
"Jetzt sind wir einen Schritt von unserem großen Traum entfernt. Da gibt es nur eins: Volle Konzentration auf unser Ziel. Die Zuversicht ist sehr groß", sagt Philipp Lahm. Als vierter Kapitän der DFB-Historie nach den Legenden Fritz Walter, Franz Beckenbauer und Lothar Matthäus will er die Trophäe in die Höhe stemmen.
Polit-Prominenz ist vor Ort
1954, 1974, 1990 und 2014 sollen ab Sonntag die magischen vier Jahreszahlen im deutschen Fußball sein, im legendären Maracana-Stadion vor den Augen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Joachim Gauck neue Helden geboren werden.
Die Goldene Generation des deutschen Fußball hätte sich diese Bezeichnung endlich verdient, Löw stünde auf dem höchsten Gipfel, den ein Trainer erklimmen kann.
Während selbst der sonst zurückhaltende Torjäger Miroslav Klose bereits ankündigte, er könne bei einem Triumph für nichts garantieren und werde womöglich zum Feierbiest mutieren, würde Löw den größten Augenblick seines Sportler-Lebens wohl eher gelassen genießen.
Bierhoff: "Jogi ist, wie er ist"
"Jogi ist eben, wie er ist", sagt Bierhoff. Er geht deshalb auch nicht davon aus, dass Löw im Falle eines Erfolges "wild über den Platz rennt. Er wird sich freuen, aber nicht verrückt spielen." Dafür wird wohl ganz Deutschland verrückt spielen. Nach Fußball wie vom anderen Stern im historischen Halbfinale gegen Brasilien (7:1) ist die Erwartungshaltung riesig.
"Der neue Weltmeister kann nur Deutschland heißen", glaubt auch "Kaiser" Franz Beckenbauer - er drückt damit die Hoffnungen von 80 Millionen Fußball-Fans in Deutschland aus. Den Spielern, die am Freitag nach knapp fünf Wochen ihre Zelte im Quartier Campo Bahia in Santo Andre abbrachen, scheint dieser Druck nichts auszumachen. Bierhoff ist überzeugt, "dass die Mannschaft das jetzt gnadenlos durchzieht".
Entschlossenheit als Schlüssel
Als Pluspunkte gegenüber Argentinien mit Superstar Lionel Messi nannte er "die hohe Qualität unserer Spieler, die gute Organisation auf dem Platz und unsere Entschlossenheit".
Und diese Entschlossenheit ist groß. "Wir werden alles in die Waagschale werfen, mental, fußballerisch, kämpferisch. Wir geben Gas, wir hauen alles raus", versichert Thomas Müller, der zudem noch seinen Titel als WM-Torschützenkönig verteidigen kann.
Gerade Spieler wie Klose (36), Lahm (30), Bastian Schweinsteiger, Per Mertesacker oder Lukas Podolski (alle 29) wollen nicht als Unvollendete dastehen sondern als eine Goldene Generation, die auch mit dem Nationalteam den Gipfel erreicht hat.
Für Lahm ist nach den Enttäuschungen bei den vergangenen Turnieren die Zeit reif. "Unsere Generation hat Qualität, Erfahrung und sie weiß, um was es geht. Die Säulen des Teams spielen in großen internationalen Mannschaften", sagt der Münchner.
Am Ende ganz oben?
Mit dem FC Bayern hat er auf Vereinsebene alles gewonnen, jetzt strebt er nach dem Höchsten. "Ein WM-Finale steht klar über dem Champions-League-Finale", stellte auch Müller schon einmal klar.
Es ist nach 1986 (2:3) und 1990 (1:0) das dritte WM-Finale der DFB-Auswahl gegen Argentinien. 2010 hatte es zudem im WM-Viertelfinale ein klares 4:0, 2006 ebenfalls im WM-Viertelfinale einen emotionalen Sieg im Elfmeterschießen (4:2) mit anschließender Schlägerei gegeben.
Lahm war damals dabei, "doch die Vergangenheit spielt für uns keine Rolle. Es geht darum, Weltmeister zu werden."
Bierhoff: "Sie haben Feuer in den Augen"
Dennoch warnt Bierhoff davor, "dass wir uns nicht provozieren lassen dürfen". Argentinier seien "ganz liebe und herzliche Menschen. Auf dem Platz werden sie aber zu anderen Menschen. Da haben sie Feuer in den Augen, damit werden wir rechnen müssen." Damit erst gar keine Zweifel aufkommen, will die deutsche Mannschaft die Initiative ergreifen. "Von hinten gut aufbauen, schnell ins Mittelfeld spielen, viel verlagern, nicht mit vier Kontakten spielen", sagt Müller über den Matchplan.
Das Motto müsse heißen: "Mit Risiko und schnell nach vorne." Und wenn das nicht helfe, sagt er, "dann machen wir ein Standardtor, da sind wir ja neuerdings die Könige".